Direkt nach der Ankunft in Ravensbrück wurden wir wie Jungen kahl geschoren. Und wir mussten gleich arbeiten, die Arbeit war schwer. Meine Nummer war 33.325. Morgens gab es einen Appell, alle gingen hin. Wenn jemand fehlte, musste das ganze Lager so lange stehen, bis die Person gefunden wurde. Nach zwei Jahren wurde ich in ein anderes Lager, eine Filiale von Buchenwald, verlegt, das war ein Rüstungsbetrieb in Leipzig. Da war es aber noch schwerer, da wurden Granaten und Munition für alle möglichen Waffen hergestellt. Der Krieg endete. In einer Nacht Anfang Mai wurden wir evakuiert. Da war es so: Wenn du zu schwach bist und die Kolonne verlässt, bist du erledigt. Also, wenn es mir schlecht geht, stützen die anderen mich und führen mich weiter. Und wenn du die Kolonne verlässt, wirst du erschossen. Und so sind nur wenige Leute übrig geblieben. Ich kam nach Hause, und alle haben mich wie eine Leiche angeschaut. Ich sah schrecklich aus, ich wog sechsunddreißig Kilogramm. Und dann kamen sie alle zu mir und weinten. Ich sagte: ›Warum weint ihr denn?‹ Wissen Sie, ich hatte keine Gefühle mehr, ich hatte keine Angst vor dem Tod und so weiter. Mir war so, als ob alles egal wäre: Wenn ich einen Leichenberg sehe, dann ist es für mich nichts Besonderes. Alle waren froh, und ich überhaupt nicht.
<< zurück